8. April 2018 – Amsterdam Schiphol Airport: Wie schnell vergeht die Zeit? Ich habe das Gefühl, dass wir erst letzte Woche hier am Flughafen Amsterdam saßen, um auf unseren Weiterflug nach Bordeaux zu warten. Dabei ist seitdem 1 Jahr und 1 Woche vergangen!

Landung in Bordeaux
Dank KLM und trotz Streik gut und pünktlich in Bordeaux gelandet

Nie zuvor waren wir so aufgeregt vor einer „Semaine des primeurs“. Die Aufregung ist eher Neugier, Ungewissheit und Anspannung ob der diesjährigen Qualitäten, die in den Kellern der ehrwürdigen Bordelaiser Châteaux schlummern. Sofern dort überhaupt Wein in den Fässern lagert. Denn nicht selten hat uns in den letzten Monaten die Nachricht erreicht, dass der Frost Ende April 2017 die gesamte Menge des Jahrgangs 2017 vernichtet hatte. Für diese Châteaux existiert kein Grand Vin und somit kein Jahrgang 2017, was die Existenz genau dieser Weingüter auf die Probe stellt. Glücklicherweise haben die Besitzer der Weingüter rund um Bordeaux in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht nur in Sachen Weinbereitung reichlich dazu gelernt. Sie sind auch sehr gute Kaufmänner und –frauen und haben sich somit wirtschaftlich absichern können.

Schauen wir also positiv in Richtung Bordeaux. Es gibt den Jahrgang 2017, es gibt die Ernte- und Jahrgangsberichte der Winzer. Diese machen uns neugierig, sehr neugierig! Denn in den Gesprächen mit den Winzern und Kollegen stellte sich heraus, dass die zu erwartende Qualität der Weine sehr gut sein soll. Vielleicht am ehesten vergleichbar mit dem Jahrgang 2014. Das stimmt uns positiv, denn der Jahrgang 2014 wurde noch in seiner En Primeur-Phase von vielen unterschätzt. Jetzt, da die Weine in der Flasche sind, wurden nahezu alle Bewertungen der damals bereits gut bewerteten Weine noch einmal nach oben korrigiert!

Bordeaux 2017 – Das Jahr des Frostes?!

Auch wenn jedermann (auch wir!) bei dem Bordeaux-Jahrgang 2017 zu allererst an die fürchterlichen 3 Frosttage ab dem 27.4.2017 denkt, möchten wir schnell etwas klarstellen: 80% der Spitzenweine von 150 Top-Châteaux waren nicht vom Frost betroffen. Die Appellationen links der Gironde haben weitaus weniger vom Frost abbekommen als die Appellationen auf dem rechten Ufer. Denn umso näher die Weinfelder an der Gironde liegen, umso weniger konnte die Kälte zuschlagen. Somit sind sehr gute Weine aus Pauillac, Saint-Julien, Saint-Estèphe und dem nördlichen Médoc zu erwarten (Sociando-Mallet, Charmail & Co. lassen grüßen!). In Margaux, Moulis, Listrac sind viele Weinfelder weit vom Fluss entfernt, also gehen wir hier von einem absolut heterogenen Jahrgang aus. (Persönlich bin ich wieder auf Château Labégorce gespannt, dessen Weinberge zur Gironde hin gelegen sind.) Die Winzer der Weingüter vom rechten Ufer der Gironde haben hingegen mehr unter den Frostschäden zu leiden. Doch auch hier scheinen die weltberühmten Cru Classé glimpflich davon gekommen zu sein. Denn besonders die Châteaux mit den besten Terroir auf den höheren Lagen der Plateaus von Saint-Émilion und Pomerol sind fast zu 100% verschont geblieben. Grandiose Qualitäten sind zu erwarten, besonders beim Cabernet Sauvignon!

Grund hierfür ist die ziemlich gute bis perfekte Vegetationsperiode: Regen Ende Juni, trockener Sommer mit einem heißen August. Teilweise hätte hier die Sonne etwas stärker scheinen können (besonders für die volle Ausreife des Merlot), dann hätten wir bei einigen Châteaux von einem weiteren Jahrgang 2016 sprechen können. Der September war dann wieder feucht, somit keine Gefahr für Trockenstress. Und das Ende des Septembers sowie Anfang Oktober war wieder sonnig mit wunderbaren Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht. So konnten die Trauben vorzüglich ausreifen!

Nun gilt es, einmal mehr die besten Weine des Jahrgangs herauszufiltern. Wir freuen uns darauf. Ganz besonders, da unsere Lieblingsweine aus den Gebieten Saint-Estèphe und Pauillac viel versprechen! Eins ist jedoch sicher, die Preise werden wohl kaum fallen. Denn die Nachfrage wird ganz sicher das Angebot übertreffen.

Heute Abend kurz nach der Landung in Bordeaux geht’s sofort los mit der Verkostung. Die Weine der Cru Classé de Graves wollen als erstes verkostet werden! Wir sind gespannt, ob wir am Ende unserer Reise von einem so genannten „4-Peat“ großartiger Jahrgänge – 2014, 2015, 2016, 2017 – sprechen werden…

Verkostung im Château Haut-Batailley am Sonntag Abend
Verkostung im Château Haut-Batailley am Sonntag Abend

2 thoughts

  1. Mit Begeisterung lese ich Eure Beiträge und liebe Bordeaux über alles.

    Heute Abend z.B. mit einer Pontet-Canet-Vertikale von 2004 bis 2015 bei einer Bekannten hier in Augsburg.

    Kann man auch als Nicht-Weinhändler oder Nicht-Weinbewerter an einer En-Primeur-Verkostung teilnehmen? Das wäre ein Traum von mir und ich wäre für alle Tipps dankbar!

    Aber jetzt: Macht weiter so!!!

    Liebe Grüße aus Augsburg.
    TobiasderApotheker

    1. Wir freuen uns sehr über Ihre Begeisterung für die Weine des Bordelais. Doch leider können wir Ihnen keine Tipps geben, wie Sie an den jährlichen Primeurverkostungen teilnehmen können. Ihr Ludwig von Kapff Team

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.